Diagnostik SARS-CoV-2

Im Rahmen der COVID-19-Pandemie spielt die Labordiagnostik zu SARS-CoV-2 eine entscheidende Rolle. Die Bedeutung liegt nicht nur in der diagnostischen Abklärung, sondern hat ebenfalls eine herausragende Stellung für die Beurteilung der epidemiologischen Entwicklung sowie hinsichtlich Strategien zur Verlangsamung der Pandemie, und liefert Argumente zur Durchsetzung bzw. Lockerung von Eindämmungsmaßnahmen [1].

Als akutes diagnostisches Verfahren wird gegenwärtig vor allem der Erreger-Direktnachweis mittels quantitative real-time reverse transcription polymerase chain reaction (qRT-PCR) genutzt. Aktuelle Publikationen zeigen jedoch, dass die Sensitivität der qRT-PCR allein nicht ausreichend ist, um falsch-negative Befunde adäquat ausschließen zu können. Faktoren sind hierbei der Zeitpunkt sowie das Verfahren für die Entnahme der Proben. Weiter steht das Virus häufig nach Aktivierung des Immunsystems nicht mehr in ausreichender Menge für einen positiven Nachweis zur Verfügung [2, 3, 4]. Daher fordern Experten weitere diagnostische Testsysteme.

Wissenschaftler zeigten unter anderem, dass der kombinierte Nachweis spezifischer IgG und IgM Antikörper gegen SARS-CoV-2 eine höhere diagnostische Sensitivität aufweisen kann, als ein entsprechender qRT-PCR Test [3, 4]. Auch eine Kombination von Anti-SARS-CoV-2 IgM Nachweisen mit qRT-PCR erhöht die diagnostische Sensitivität auf über 90% im Vergleich zur alleinigen Absicherung einer COVID-19 Erkrankung mittels qRT-PCR [4]. Somit ergibt sich durch den Nachweis von Immunglobulinen die Möglichkeit, eine Diagnose zusätzlich abzusichern [3, 4, 5, 6].

Weiterhin ist es möglich Antikörperteste für epidemiologische Studien einzusetzen, um etwa den Immunstatus der Bevölkerung und die Pandemieentwicklung zu bestimmen [7]. Auch zur Aufklärung von Infektionsketten können Antikörperteste beitragen. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse liefern einen wichtigen Beitrag für die Entscheidungsfindung über die Anwendung, Durchsetzung oder Lockerung von Eindämmungsmaßnahmen.

Spezifisches Antikörperprofil liefert wichtige Erkenntnisse

Antikörperantwort

Abbildung 1: Spezifisches Antikörperprofil nach SARS-CoV-2 Infektion

Der Zeitpunkt der Serokonversion nach Exposition gegenüber SARS-CoV-2 liefert wichtige Informationen zur Bestimmung des Zeitfensters, in dem serologische Tests klinisch nützliche Informationen beisteuern können. Verschiedene Arbeiten zeigen, dass Antikörper der IgA und IgM Klasse im Median frühestens ab ca. 6 Tagen nach Einsetzen der Symptome nachweisbar sind [4, 5, 9] im weiteren Verlauf ansteigen und zwischen 18 und 35 Tagen [8, 9] wieder abfallen. Antikörper der IgG Klasse sind im Median 10 – 18 Tage nach Einsetzen der Symptome detektierbar [4] und über mehrere Monate hinweg nachweisbar [8]. Studien, die mit anderen Coronavirus-Erkrankungen wie SARS und MERS (Middle East Respiratory Syndrome) gemacht wurden, deuten darauf hin, dass IgG Antikörper über Jahre hinweg nachweisbar sind [10]. Da die Aussagekraft der jeweiligen Studie sehr stark vom eingesetzten Testsystem sowie vom Patientenmaterial abhängt, besteht derzeit allerdings noch kein endgültiger Konsens über den exakten Zeitpunkt der Serokonversion [11, 12].

Literatur
[1] Epidemiologisches Bulletin15, 2020, April; Robert Koch Institut
[2] Ai T. et al., „Correlation of Chest CT and RT-PCR Testing in Coronavirus Disease 2019 (COVID-19) in China: A Report of 1014 Cases“, Radiology, 26. Februar 2020, 200642
[3] Jia X. et al., “Clinical Significance of IgM and IgG Test for Diagnosis of Highly Suspected COVID-19 Infection“, preprint (Infectious Diseases (except HIV/AIDS), March 3rd 2020)
[4] Guo L. et al., “Profiling Early Humoral Response to Diagnose Novel Coronavirus Disease (COVID-19)“, Clinical Infectious Diseases, March 21st 2020
[5] Nisreen M.A. Okba et al., “SARS-CoV-2 Specific Antibody Responses in COVID-19 Patients“, preprint (Infectious Diseases (except HIV/AIDS), March 20th 2020)
[6] Amanat F. et al., “A Serological Assay to Detect SARS-CoV-2 Seroconversion in Humans“, preprint (Allergy and Immunology, March 18th 2020)
[7] https://www.lmu-klinikum.de/aktuelles/pressemitteilungen/munchner-tropeninstitut-beginnt-stichprobenanalyse-zur-verbreitung-der-corona-pandemie-und-zur-wirksamkeit-von-gegenmassnahmen/6afa2c06cb6745a9
[8] Liu W. et al., “Evaluation of Nucleocapsid and Spike Protein-Based ELISAs for Detecting Antibodies against SARS-CoV-2“, Journal of Clinical Microbiology, 30. März 2020, JCM.00461-20, jcm;JCM.00461-20v1
[9] Padoan A. et al., “IgA-Ab Response to Spike Glycoprotein of SARS-CoV-2 in Patients with COVID-19: A Longitudinal Study”, Clinica Chimica Acta 507 (August 2020): 164–66
[10] Meyer B., Drosten C., and Müller M., “Serological Assays for Emerging Coronaviruses: Challenges and Pitfalls”, Virus Research 194 (December 2014)
[11] Lippi G, et al., “Current Laboratory Diagnostics of Coronavirus Disease 2019 (COVID-19)“, Acta Bio Medica Atenei Parmensis 91, Nr. 2 (May 11th 2020): 137–45
[12] Flodgren G, “Immunity after SARS-CoV-2 Infection – a rapid review”. Norwegian Institut of Public Health memo.
[13] Wölfel R. et al.”Virological Assessment of Hospitalized Patients with COVID-2019“, Nature, 1. April 2020